20.04.2009 - OLG Karlsruhe, Az: 14 W 53/08
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EIGENER LEITSATZ:
- Zur Höhe des Gebührenstreitwerts bei ehrverletzenden Äußerungen im Medium Internet
THEMA:
- Ehrverletzende Äußerungen / Persönlichkeitsrecht
VOLLTEXT:
OLG Karlsruhe
14 W 53/08
20.04.2009
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE
Beschluss
In dem Rechtsstreit
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Klägers wird die Streitwertfestsetzung des Landgerichts Konstanz in der
Fassung des Beschlusses vom 03.07.2008 dahin abgeändert, daß der Streitwert für die erste
Instanz wie folgt festgesetzt wird:
a) für die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers:
- bis zur Klagerücknahme (10.04.2008) hinsichtlich der Anträge Ziff. 1-4 EUR 120.000,00
- ab Klagerücknahme EUR 20.000,00
b) für die außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziff. 1:
- bis zur Klagerücknahme (10.04.2008) EUR 30.000,00
- ab Klagerücknahme EUR 20.000,00
c) für die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziff. 2 und 3 EUR 60.000,00
d) für die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziff. 4 EUR 30.000,00
2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Mit Beschlüssen vom 30.04.2008 und vom 03.07.2008 hat das Landgericht den Streitwert hinsichtlich des
Beklagten 1 auf EUR 100.000 und ab Rücknahme der Klaganträge auf Unterlassung und Beseitigung
(ursprüngliche Klaganträge Nr. 1-4) auf EUR 80.000 und hinsichtlich der Beklagten 2 bis 4 auf jeweils EUR
80.000 festgesetzt.
Mit der (befristeten) Beschwerde wendet der Kläger sich gegen die Wertfestsetzung. Er hält einen Streitwert
hinsichtlich des Beklagten 1 von EUR 40.000 und ab Klagerücknahme von EUR 20.000 und hinsichtlich der
Beklagten 2 bis 4 von EUR 20.0 00 für jeden der Beklagten für zutreffend (AS 493).
II.
Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet.
1. Bei der Bemessung des Streitwerts war von folgenden Grundsätzen auszugehen:
a) Nimmt ein Kläger mehrere Verletzer auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen in Anspruch, so sind
die Unterlassungsschuldner nicht Gesamtschuldner. Denn der Kläger kann von jedem Verletzer
eigenständig Unterlassung verlangen, auch wenn die materiellen Ansprüche inhaltsgleich sind, also dieselbe
Verlezungshandlung betreffen (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl. 2007, Rn 2390, 3441; OLG
Koblenz JurBüro 85, 257). Deshalb sind für die einzelnen Unterlassungsanträge gegen die Schuldner die
Einzelwerte zu bestimmen und diese für die Gerichtsgebühren und die außergerichtlichen Gebühren des Klägers zusammenzurechnen und für die außergerichtlichen Kosten der Streitgenossen entsprechend ihrer
Beteiligung zu bemessen (Schneider/Herget aaO Rn 3441).
b) Soweit der Kläger neben den Unterlassungsansprüchen auch Beseitigungsansprüche geltend machte,
kommt diesen kein eigenständiger Wert zu, da es sich um denselben Gegenstand (vgl § 45 Abs. 1 S. 3
GKG) handelt. Zwar werden verschiedene Gegen-stände etwa dann angenommen, wenn mit dem
Unterlassungsbegehren auch der Widerruf einer ehrverletzenden Behauptung verlangt wird, weil der Widerruf auf
Beseitigung einer bereits eingetretenen Rechtsbeeinträchtigung zielt, während das Unterlassungsgebot der
Vermeidung künftiger Beeinträchtigungen dient (Schneider/Herget aaO Rn 1441, 34 37 1. Spiegelstrich).
Diesen Wirkungen des Widerrufs kann das Beseitigungsverlangen im vorliegenden Falle jedoch nicht
gleichgesetzt werden, da es wie das Unterlassungsbegehren auf die Vermeidung künftiger Rechtsbeeinträchtigungen gerichtet ist und die Verpflichtung zur Beseitigung der Interneteinträge bereits aus der Verurteilung
zur Unterlassung folgen würde.
c) Hinsichtlich des Beklagten 1 sind die Werte f ür den (später zurückgenommenen) Unterlassungsantrag
(Klageantrag Ziff. 1) und den Zahlungsantrag (Vertragsstrafe, Klageantrag Ziff. 5) nicht
zusammenzurechnen. Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher
Anspruch verbunden, so ist nach § 48 Abs. 4 GKG nur der höhere Anspruch maßgebend. Diese
Voraussetzungen sind etwa bei einem Anspruch auf Unterlassung ehrenrühriger Behauptungen und einem daraus
hergeleiteten Schmerzensgeldanspruch gegeben (OLG Köln JurBüro 94, 491; Hartmann, Kostengesetze, 35.
Aufl., § 48 Rn 46; Schneider/Herget aaO Rn 1437, 4175). So liegt der Fall auch hier, wo
Unterlassungsanspruch und Vertragsstrafe aus demselben Sachverhalt abgeleitet werden.
d) Den Wert des Unterlassungsbegehrens des Klägers bemißt der Senat auf EUR 30.000.-. Ausgangspunkt
für die Wertbestimmung nach § 48 Abs. 2 GKG ist das Interesse des Klägers an der begehrten
Unterlassung. Dabei sind alle Um stände des Einzelfalls, insbesondere Umfang und Bedeutung der Sache für den
Kläger und die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien einzubeziehen. Vorliegend war
neben den zu unterstellenden überdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Parteien
insbesondere zu berücksichtigen, daß der Kläger als Universitätsprofessor und Inhaber eines Lehrstuhls
eine herausgehobene Stellung einnimmt und er durch die deutliche Kritik an seiner Habilitationsschrift in
besonderer Weise in seinem beruflichen Ansehen und seiner wissenschaftlichen Reputation beeinträchtigt
wurde, auch wenn sich die Kritik nicht auf das Hauptwerk und dess en inhaltliche Aussagen bezog, sondern
auf die Zusammenstellung und Präsentation von Dokumenten in e inem Anlagenband. Daß damit auch
wirtschaftliche Nachteile etwa hinsichtlich des Absatzes des Werkes und des beruflichen Fortkommens des
Klägers verbunden sein können, wie der Kläger geltend gemacht hat, liegt nicht fern, wenngleich das
Hauptgewicht des Interesses des Klägers in der Ehrverletzung begründet ist. Auch hat der Kläger selbst die
Vertragsstrafe mit EUR 20.000.- für angemessen gehalten. Der Senat ist der Auffassung, daß das Interesse des
Klägers an dem Unterlassungsgebot, das nicht nur einen Verstoß in der Vergangenheit sanktioniert, sondern
auf lange Sicht in die Zukunft wirken soll, höher einzustufen ist (vgl OLG München JurBüro 54, 181) und hält
einen Wert von EUR 30.000.- für angemessen.
2. Damit ergeben sich die im Beschlußtenor aufgeführten Werte wie folgt:
a) Hinsichtlich des Beklagten 1 ist zu differenzieren: Bis zur Klagerücknahme tritt nach § 48 Abs. 4 GKG der
Vertragsstrafenantrag gegenüber dem mit EUR 30.000.- höheren U nterlassungsantrag zurück, danach ist
der allein verbliebene Vertragsstrafenanspruch (EUR 20.000.-) maßgebend.
b) Bei den Beklagten 2 und 3 hat der Beseitigungsantrag gegenüber dem jeweiligen Unterlassungsantrag
keinen eigenen Wert. Die gegen die beiden Beklagten gerichteten Unterlassungsanträge mit je EUR
30.000.- sind zusammen zu rechnen, da sie von denselben Prozeßbevollmächtigten vertreten wurden (OLG
Koblenz JurBüro 85, 257), somit EUR 60.000.-.
c) Bei der Beklagten 4 bleibt es bei dem Wert von EUR 30.000.- für den Unterlassungsanspruch, der
Beseitigungsanspruch bleibt außer Betracht.
d) Für die Gerichtsgebühren und die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind die Einzelstreitwerte
zusammenzurechnen, somit EUR 120.000.-. Ab Klagrücknahme hinsichtlich der Anträge Ziff. 1 bis 4 bestimmt
sich der Wert nach dem allein verbliebenen Vertragsstrafenanspruch in Höhe von EUR 20.000.-.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenf rei ( § 68 Abs. 3 S.1 GKG), Kosten werden nicht erstattet (§ 68
Abs. 3 S.2 GKG).