29.01.2009 - AG Nordhorn, Az: 3 C 1308/08
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EIGENER LEITSATZ:
- Die negative Bewertung "lieber ohne Kommentar. bevor ich ausfallend werde." - ist eine zulässige Meinungsäußerung.
THEMA:
- ebay-Recht
- Ehrverletzende Äußerungen / Persönlichkeitsrecht
RECHTSNORMEN:
- §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 823 Abs. 1, Abs. 2, 1004 analog BGB, Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG
VOLLTEXT:
AMTSGERICHT NORDHORN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 C 1308/08
29. Januar 2009
In dem Rechtsstreit
der Firma
gegen
Herrn ... Nordhorn,
hat das Amtsgericht Nordhorn
auf die mündliche Verhandlung
vom 14.01.2009
durch die Richterin am Amtsgericht … für Recht erkannt:
1.) Die Klage wird abgewiesen.
2.) Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der
Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin ist Mitglied des Online Marktplatzes eBay und dort seit dem
27.06.2002 unter der Bezeichnung „..." als gewerbliche Verkäuferin
tätig. Sie bietet vorwiegend Lampen und Leuchten an.
Der Beklagte kaufte als Verbraucher unter dem eBay Mitgliedskonto „h-..."
von der Klägerin eine Lampe unter der Artikelnummer ....
Kurz nachdem der Beklagte den Zuschlag für die Lampe bei eBay bekam entschied
sich der Beklagte von seinem gesetzlichen Widerrufsrecht gebrauch zu machen. Zu
diesem Zweck schickte er der Klägerin eine E-Mail, in der er gegenüber der
Klägerin den Widerruf erklärte.
Die Klägerin erkannte jedoch den Widerruf nicht an und schickte ihm sodann mit
Nachricht vom 29.05.2008 über eBay eine Zahlungserinnerung. Auf eine weitere
E-Mail des Beklagten reagierte die Klägerin damit, dass sie eine Beteiligung
des Beklagten an den Kosten für das Einstellen der Auktion erwartete. Auf eine
weitere Email des Beklagten reagierte die Klägerin nicht.
Im Rahmen der vorbezeichneten Transaktion bewertete der Beklagte die Klägerin
innerhalb des Bewertungssystems von eBay am 16.06. mit folgendem Kommentar:
„lieber ohne Kommentar. bevor ich ausfallend werde."
Daraufhin wurde der Beklagte mit anwaltlichem Aufforderungsschreiben vom
04.08.2008 durch die Klägerin aufgefordert, die Zustimmung zur einvernehmlichen
Löschung der negativen Bewertung zuzustimmen und gegenüber eBay von der
Bewertung Abstand zu nehmen. Diesem Verlagen ist der Beklagte nicht
nachgekommen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass es sich bei der abgegebenen Kommentierung um
eine negative Bewertung handele, die eine vertragliche Nebenpflichtverletzung
darstelle. Schon aufgrund § 6 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingung (AGB
von eBay) sei jedes Mitglied verpflichtet, innerhalb des Bewertungssystems
ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben zu machen und die gesetzlichen
Bestimmungen einzuhalten. Ebenso sei eine Bewertung sachlich zu haften und
dürfe keine unwahre Tatsachenbehauptung beinhalten noch Schmähkritik. Der von
dem Beklagten abgegebene Kommentar verstoße gegen das Sachlichkeitsgebot und
lasse aus Sicht eines objektiven eBay-Nutzers für fast jede
Interpretationsmöglichkeit Raum. Außerdem fehle jeglicher Bezug zur
durchgeführten Transaktion. Die Negativbewertung diene ausschließlich dazu,
die Klägerin zu diffamieren.
Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, nachfolgende Erklärung abzugeben:
Herr ... Nordhorn, erteilt seine Zustimmung zu der Löschung der im Zusammenhang
mit der auf dem Onlinemarktplatz eBay unter der eBay-Artikelnummer ...
durchgeführten Transaktion als Käufer abgegebenen negativen Bewertung über
die Klägerin als Verkäuferin einschließlich des Bewertungskommentars: „lieber
ohne Kommentar. Bevor ich ausfallend werde."
2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 156,50 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu
zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Amtsgericht aufgrund des Streitwertes der
hier über 5.000 € anzusetzen wäre sachlich unzuständig sei.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass es sich bei dem vorliegenden Kommentar des
Beklagten um ein zulässiges Werturteil handele. Ein Widerruf über Erklärungen
könne nur wegen Tatsachenbehauptungen verlangt werden. Darüber hinaus habe der
Beklagte lediglich seinen Unmut über das unstreitige Vorgehen der Klägerin zum
Ausdruck gemacht. Dies sei im Rahmen der freien Meinungsäußerung auch
zulässig. Der Beklagte habe ordnungsgemäß gemäß § 355 BGB i.V.m. § 312 c
Abs. 1 BGB von seinem zustehenden Widerrufsrecht Gebrauch gemacht und habe daher
auch die Ware nicht bezahlen müssen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten
Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zwar zulässig jedoch unbegründet.
Das Amtsgericht Nordhorn ist sachlich zuständig, da der Streitwert gemäß § 3
ZPO nicht über 5.000,00 € anzusetzen ist.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zustimmung des Beklagten zur Löschung des
Satzes „lieber ohne Kommentar. bevor ich ausfallend werde." in seiner
über die Klägerin bei eBay abgegebenen Bewertung.
Ein Anspruch hieraus ergibt sich weder aus §§ 1004, 823 Absatz 1 BGB analog
wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, noch aus §§ 280
Absatz 1, 241 Absatz 2 BGB wegen einer Verletzung des Rücksichtsnahmegebots,
noch aus § 823 Absatz 2 i.V.m. § 185 ff StVG. Vielmehr muss die Klägerin
diese Bewertung gemäß § 1004 Absatz 2 BGB analog dulden.
Bei der Bewertung, die der Beklagte abgegeben hat, handelt es sich nicht um eine
Tatsachenbehauptung, die dem Beweis zugänglich ist, sondern um eine
Meinungsäußerung, welche durch die Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5
Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz gedeckt ist und nicht durch Mittel des Beweises auf
ihre Richtigkeit hin überprüft werden kann (vgl. Landgericht Konstanz NJW-RR
2004, 1636). Zwar findet das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung in dem
Recht auf wtrp persönliche Ehre seine Schranken, jedoch kann in dem Satz „lieber
ohne Kommentar. bevor ich ausfallend werde" keine ehrverletzende Äußerung
gesehen werden. Dieser Satz ist nicht dazu geeignet, den Achtungsanspruch der
Klägerin zu verletzen.
In der Bewertung ist auch kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb zu sehen, da hierin weder eine unsachgemäße Schmähkritik
erblickt werden kann noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte
hierbei in der Absicht gehandelt hat den Gewerbebetrieb der Klägerin zu
schädigen. Ein solcher Angriff muss ziel- und zweckbezogen im Hinblick darauf
sein, dass die Absicht auf Seiten des sich Äußernden besteht, den
Gewerbebetrieb zu schädigen. Der betriebsbezogene Eingriff ist eine
Beeinträchtigung des Gewerbebetriebes als solchen und muss sich somit
spezifisch gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Freiheit
richten und über eine bloße Belästigung oder sozial übliche Behinderung
hinaus gehen. Vorliegend ist nicht davon auszugehen, dass der Beklagte in der
Absicht gehandelt hat, den Gewerbebetrieb der Klägerin zu schädigen. Dass sich
jemand negativ über einen Gewerbebetrieb bzw. einen Betrieb äußert, geht auch
nicht über eine sozial übliche Behinderung aus (vgl. Amtsgericht Koblenz in
MMR 2004, 639). Darüber hinaus ist hier auch zu berücksichtigen, dass der
Beklagte, aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes, dass die Klägerin das
gesetzliche Widerrufsrecht des Beklagten nicht beachtete nachvollziehbar
dargelegt, warum die Unmutsäußerung erfolgte.
Darüber hinaus verstößt die Bewertung „lieber ohne Kommentar. bevor ich
ausfallend werde." auch nicht gegen § 6 der AGB von eBay, weil hierin
weder ein Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen liegt, noch Schmähkritik.
Auch kann hierin kein Verstoß gegen die geforderte Sachlichkeit gesehen werden,
da es in diesem Bewertungsforum für die Sachlichkeit nicht wtrp darauf ankommen
kann, dass ein abgegebener Kommentar auch begründet wird. Die Bewertungen
werden in der Rubrik „Bewertungsprofile" abgegeben, so dass sich hieraus
schon ergibt, dass es sich um Wertungen handelt. Wären hier bei nur solche
Kommentare als sachlich einzustufen, die auch ausführlich begründet werden,
wären nur solche Kommentare zulässig, die den genauen Ablauf der Transaktion
beschreiben (vg. AG Koblenz in MMR 2004, 639). Ebenso ist der Anspruch der
Klägerin auch dadurch eingeschränkt, da sie entgegen den gesetzlichen
Bestimmungen das Widerrufsrecht des Beklagten bezweifelte.
Somit war die Klage insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11 i.V.m. 711 ZPO.
(Unterschrift)