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Amtliche Werke; Leitsätze Info
09.07.2009 - AG München, Az. 161 C
6412/09
- E-Mail-Werbung durch Autoresponder
AMTSGERICHT MÜNCHEN
Im Namen des Volkes
URTEIL
AG München
161 C 6412/09
09.07.2009
Das Amtsgericht München erlässt durch … am 9.7.2009 folgendes
Endurteil
I. Der Beklagten ist es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von EU R 5,00 bis
zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten verboten, unaufgefordert E-Mails, die
werbenden Inhalts sind, an die E-Mail-Adresse des Klägers … zu
senden/senden zu lassen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 316,18 außergerichtliche
Abmahnkosten zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz ab 19.3.2009 hieraus zu zahlen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 3.500,00
vorläufig vollstreckbar.
V. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,00 festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten, es zu unterlassen, ihm unter seiner
E-Mail-Adresse … E-Mails werblichen Charakters zu senden, sowie die
Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von € 316,18.
Dem Kläger, der als Arzt
tätig ist, ging am 18.12.2 008 eine von der Beklagten unter … versandte
E-Mail (Anlage K4) zu, in der für die Dienstleistungen der Beklagten
geworben wurde. Eine Geschäftsbeziehung bestand zwischen den Parteien
nicht. Mit E-Mail vom 20.12.2008 (Anlage K 5), die an die E-Mails-Adressen
…, …. und … gesandt wurde, begehrte der Kläger von der Beklagten
Auskunft und die Löschung seiner Daten sowie die Abgabe einer
strafbewehrten Unt rlassungserklärung. Am 20.12.2008 erhielt der Kläger
eine wortgleiche E-Mail wie am 18.12.2008. Eine strafbewehrte
Unterlassungserklärung gab die Beklagte nicht ab.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.02.2009 forderte der Kläger die
Beklagte auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, die
gewünschte Auskunft zu erteilen und die Anwaltskosten in Höhe von €
316,18 zu begleichen. Eine Unterlassungserklärung wurde nicht abgegeben,
Zahlung erfolgte nicht.
Der Kläger meint, das unverlangte Zusenden von Werbe-E-Mails stelle einen
Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, da er
die streitgegenständlichen Internetseiten und E-Mail-Adresse für seine
Arztpraxis nutze. Da diese der Kommunikation mit Patienten und Geschäftspartnern
sowie Berufsverbänden diene, sie er schon aus Gründen der b eruflichen
Sorgfalt verpflichtet, alle eingehende n E-Mails gründliche zu studieren.
Der angesetzte Streitwert von insgesamt € 3.000,-. [sei] angemessen.
Der Kläger beantragt daher,
1. Der Beklagten ist es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von EUR 5,- bis
zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten verboten, unaufgefordert E-Mails, die
werbenden Inhalts sind, an die E-Mail-Adresse des Klägers …. zu
senden/senden zu lassen.
2. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger € 316,18 außergerichtliche
Abmahnkosten zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz a b Rechtshängigkeit hieraus zu zahlen.
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung
Die Beklagte mein, ein Anspruch auf Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung bestehe nicht, da die streitgegenständlichen
E-Mails dem Kläger nicht unverlangt zugesandt worden seien. Die Beklagte
[habe] auf der Webseite … eine Autoresponderfunktion eingerichtet,
welche die E-Mails, die der Kläger erhalten hat, automatisch dann an den
Absender versende, wenn unter … eine E-Mail eingehe. Es handele sich bei
den Mails also um automatisch versandte Antwortmails. Damit habe die
Beklagte keine ihr zurechenbare Ursache für den Versand der streitgegenständlichen
Mails gesetzt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen
Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet, da der Kläger aus
§§ 823 I, 1004 BGB einen Anspruch auf Ausspruch der begehrten
Unterlassung hat, als auch aus § 823 I auf Zahlung der vorgerichtlichen
Abmahnkosten in der geltend gemachten Höhe.
1. Die unverlangte, das heißt ohne das vorherige ausdrückliche oder
stillschweigende Einverständnis des Adressaten abgeschickte
E-Mail-Werbung stellt nach der gesetzlichen Wertung in § 7 II Nr. 3 UWG
eine unzumutbare Belästigung dar. Die Unzumutbarkeit der Belästigung
folgt zum einen aus dem Kostenaufwand und zum anderen aus dem Aufwand an Mühe
und Zeit für die Wahrnehmung und Aussonderung unerbetener E-Mails. Auf
Grund der Eigenart dieses Werbemittels, mit geringem finanziellem Aufwand
eine Vielzahl von Adressaten zu erreichen, ist zu befürchten, dass es bei
Gestattung der unverlangten Zusendung von E-Mails zu Werbezwecken zu einer
Überflutung der Anschlussinhaber mit Werbebotschaften kommt. Der Nutzen
eines E-Mails-Anschlusses, nämlich Mitteilungen rasch und preiswert
empfangen zu können, würde dadurch in Frage gestellt. Der Empfänger wäre
gezwungen, aus der Vielzahl der eingegangenen Sendungen die für ihn
wichtigen und erwünschten mit entsprechendem Zeit- und Arbeitsaufwand
auszusondern. Eine unzumutbare Belästigung ist selbst dann noch zu
bejahen, wenn die Werbebotschaft im „Betreff“ von vorneherein klar und
unzweideutig als Werbung gekennzeicnet ist und der Empfänger sie auf
Grund dieser Beschreibung ohne weiteres löschen kann, ohne sie erst lesen
zu müssen. Denn auch Aufbau und Anzeige der E-Mail sowie das Lesen d es
Betreffs kosten Zeit und Geld (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm
Wettbewerbsrecht, § 7 UWG, Rz. 85).
Vorliegend ist der Kläger, der seine E-Mail-Adresse zur Kommunikation mit
Patienten und Geschäftspartnern nutzt, aus Gründen der ärztlichen
Sorgfaltspflicht gehalten, alle eingehenden Mails zur Kenntnis zu nehmen
und auf ihre Relevanz für seine Tätigkeit zu untersuchen. Dieses
Erfordernis wird durch unverlangt zugesandte E-Mails deutlich erschwert
und die unkomplizierte sowie schnelle Kommunikation per E-Mail behindert.
Die ungebetene Zusendung von E-Mails zu Werbezwecken stellt daher nach
gefestigter Rechtsprechung einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht
als auch in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.
Da weder ein ausdrückliches noch ein konkludentes Einverständnis mit der
Werbung vorlag und da auch nicht aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände
ein sachliches Interesse des Empfängers vermutet werden kann, stellt die
an den Kläger versandte Werbe-E-Mail eine Belästigung dar, die von ihm
nicht hingenommen werden muss. Auch wenn man den Sachvortrag der
Beklagten, bei den streitgegenständliche n Mails handele es sich um von
einem Autoresponder versandte automatische Antwortmails als zutreffend
unterstellt, ändert sich daran nichts.
Bei den versandten Mails handelt es sich um Werbe-E-Mails, da mit ihnen
auf das Angebot der Beklagten aufmerksam gemacht wird und ein Link zu der
von der Beklagten betriebenen Webseite übermittelt wird. Allein aus dem
Vortrag der Beklagten, dass diese Mail nur versandt wird, wenn zuvor eine
Mail an diese Adresse versandt wurde, kann auf ein Einverständnis mit der
Zusendung der Werbe-Mail nicht geschlossen werden. Dies wäre nur dann der
Fall, wenn die Antwortmail auslösende E-Mail eine Anfrage nach der
Dienstleistung der Beklagten enthalten hätte. Di es behauptet die
Beklagte nicht. Ein einmaliger E-Mail-Kontakt ist aber nicht ausreichend
eine Einwilligung mit der Zusendung von Werbe-Mails anzunehmen. Hinzu
kommt, dass jedenfalls die zweite von der Beklagten versandte E-Mail dem
Kläger zuging, nachdem er der Beklagten die weitere Zusendung von Mails
ausdrücklich untersagt hatte.
Die Beklagte haftet als Inhaberin der Domain, auf der sie die
Autoresponderfunktion eingerichtet hat, für die hierdurch versandten
Mails. Sie hat durch die Einrichtung der automatischen Versendung von W
erbe-Mails an jeden, der eine Mail gleich welchen inhalts an … schickt,
die Ursache für den Versand der Mails gesetzt und ist somit zumindest als
Störerin verantwortlich.
Es entspricht der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung, dass die
Wiederholungsgefahr bei einem einmaligen Verstoß in der Regel zu bejahen
ist, da die bereits begangene Rechtsverletzung die Wiederholungsgefahr
indiziert. Hinzu kommt, dass vorliegend zwei Mails an den Kläger versandt
wurden, die zweite als Reaktion auf seine Abmahnung.
2. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der
vorgerichtlichen Abmahnkosten in der geltend gemachten Höhe. Wie
dargestellt, hat die Beklagte durch das Zusenden der Werbe-Mails in den
eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers eingegriffen,
so dass sie gemäß § 823 I BGB dem Kläger den daraus entstandenen
Schaden zu ersetzen hat.
Die Höhe der geltend gemachten Gebühren ist angemessen, der für den
Unterlassungsanspruch angesetzte Streitwert von € 2.500,- entspricht der
ständigen Rechtsprechun g des Amtsgerichts München, auch die für die
begehrte Auskunft in Ansatz gebrachten € 500,- sind nicht zu
beanstanden. Da die Beklagte auf die E-Mails des Klägers die
erforderliche Unterlassungserklärung nicht abgegeben hat, durfte sich der
Kläger in jedem Fall anwaltlicher Hilfe bedienen.
Die Beklagte war daher antragsgemäß zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 709 ZPO.
Der Streitwert entspricht gemäß § 3 ZPO dem Geschätzten Interesse des
Klägers an der begehrten Unterlassung.