OLG Düsseldorf
Urteil vom 24.11.2009
I-20 U 137/09
G r ü n d e
Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat in der Sache
Erfolg. Das Landgericht hat ihren Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung zu Unrecht zurückgewiesen und einen
Verfügungsanspruch verneint. Absatz 1
Der Antragstellerin steht hinsichtlich der beanstandeten
E-Mail-Werbung der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §
8 Absatz 1, § 3 Absatz 1, § 7 Absatz 2 Nr. 3 UWG zu. Ein
Wettbewerbsverhältnis liegt zwischen den Parteien entgegen der
Auffassung des Landgerichts vor. Die Antragstellerin betreibt
nicht nur ein Hotel, sondern vermittelt auch Reisen. Sie
betreibt die Reiseportale "t.de" und "tn.de",
auf denen sich auch Reiseangebote befinden, wie mit der
eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der
Antragstellerin K. (Anlage K 3 = Bl. 19 GA) glaubhaft gemacht
ist. Darüber hinaus vermittelt die Antragstellerin Reisen in
bestimmte Ferienobjekte in G. Die Antragsgegnerin zu 1. betreibt
unter der Internetadresse www.r.de ein Reiseportal, auf dem sich
ebenfalls Reiseangebote befinden. Auf diese Weise befassen sich
beide Parteien mit der Vermittlung von Reisen. Ein
Wettbewerbsverhältnis zwischen ihnen kann vor diesem
Hintergrund nicht verneint werden. Dass die Antragsgegnerin zu
1. über ihr Portal lediglich Reisen Dritter vermitteln mag, führt
schon deshalb nicht zu einem abweichenden Ergebnis, weil auch
die Antragstellerin entsprechende Reiseleistungen Dritter über
ihre Reiseportale vermittelt. Im Übrigen wäre ein
Wettbewerbsverhältnis auch dann zu bejahen, wenn die
Antragstellerin keine Reisen Dritter vermitteln, sondern
ausschließlich Reisen (in eigene Objekte) zur unmittelbaren
Buchung bei ihr anbieten würde. Beide Parteien bemühten sich
auch dann um denselben Kundenkreis und wären lediglich auf
verschiedenen Vertriebsstufen tätig. Unerheblich für die
Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses ist, ob bei der
Antragstellerin durch das Verhalten der Antragsgegner bereits
ein Schaden etwa in Form von Umsatzeinbußen eingetreten ist.
Absatz 2
In der Sache liegt in der Zusendung der Werbe-E-Mail vom
4.2.2009 (Anlage K 7 = Bl. 28 GA) ein Verstoß gegen § 7 Absatz
2 Nr. 3 UWG, weil dies ohne Zustimmung des Adressaten S.
geschah, wie dieser eidesstattlich versichert hat. Die
Antragsgegner behaupten eine ausdrückliche Einwilligung des
Adressaten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nr. 3 UWG selbst nicht.
Sie folgt insbesondere auch nicht aus den im Termin zur mündlichen
Verhandlung vor dem Landgericht überreichten Unterlagen. Absatz
3
Für diesen Verstoß haftet auch der Antragsgegner zu 2. auf
Unterlassung. Das folgt daraus, dass er als Geschäftsführer
und gesetzlicher Vertreter der Antragsgegnerin zu 1. keine Maßnahmen
veranlasst hat, um die unlautere E-Mail-Werbung zu verhindern
(vgl. BGH GRUR 1986, 248 - Sporthosen; auch BGH GRUR 2005, 1061
- Telefonische Gewinnauskunft). So ist nicht ersichtlich, dass
der Antragsgegner zu 2. bei Übernahme des Adressenbestandes
oder spätestens bei Veranlassung der Werbeaktion irgendwelche
Maßnahmen getroffen hätte, um sicherzustellen, dass nur
diejenigen Personen angeschrieben wurden, die eine ausdrückliche
Einwilligungserklärung abgegeben hatten. Der Senat versteht den
Vortrag der Antragsgegner dahin, dass erst als Reaktion auf die
Beanstandung, die Anlass für das vorliegende Verfahren gab,
eine Überprüfung der Kunden. So haben die Antragsgegner selbst
vorgetragen, die Adressdatei nach der Beanstandung hinsichtlich
des Kunden S. "noch einmal dahingehend überprüft" zu
haben, ob "bei allen Kunden die Einwilligung vorliege"
(Schriftsatz vom 18.6.2009, Seite 2 = Bl. 127 GA). Offenbar war
eine derartige Überprüfung also sehr wohl möglich. Dabei ist
auch zu berücksichtigen, dass die Einwilligung des Kunden in
die Zusendung von Werbe-E-Mails nach dem Wortlaut des § 7
Absatz 2 Nr. 3 UWG "ausdrücklich" erfolgt sein muss,
was regelmäßig auf irgendeine Weise dokumentiert bzw.
anderweitig nachzuvollziehen zu sein dürfte. Absatz 4
Hinsichtlich der angegriffene Fassung des Impressums folgt der
Unterlassungsanspruch aus § 8 Absatz 1, § 3 Absatz 1, § 4 Nr.
11 UWG i. V. m. § 5 Absatz 1 Nr. 1 TMG, weil dort Name,
Anschrift, Rechtsform und vertretungsberechtigte Person nicht
angegeben sind. Dass dies nachträglich in irgendeiner Weise geändert
worden sein mag, wie von den Antragsgegnern vorgetragen,
beseitigt den Anspruch und insbesondere die Wiederholungsgefahr
nicht. Absatz 5
Die lauterkeitsrechtlichen Verstöße beeinträchtigen die
Interessen der Antragstellerin entgegen der Auffassung der
Antragsgegner "spürbar" im Sinne des § 3 Absatz 1
UWG. Das gilt insbesondere auch für die Zusendung der
unerbetenen E-Mail. Hier kann es für den zu entscheidenden
Einzelfall keinen Unterschied machen, wie viele E-Mails die
Antragsgegner insgesamt versandt hatten, ob die angegriffene
E-Mail also nur eine von wenigen oder eine aus einer großen
Vielzahl war, zumal die Umstände des Versands der angeblich
insgesamt 360.000 E-Mails im einzelnen nicht bekannt sind. Die
Dringlichkeit für den Erlass einer einstweiligen Verfügung
wird gemäß § 12 Absatz 2 UWG vermutet. Diese Vermutung ist
nicht durch die von den Antragsgegnern vertretene angeblich
geringe Intensität der Rechtsverletzung widerlegt. Die von den
Antragsgegnern angeführte Entscheidung des LG Karlsruhe (MMR
2002, 402) steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil sie
nicht zu einem wettbewerbsrechtlichen, nach UWG zu beurteilenden
Fall ergangen ist. Die Geltendmachung der Ansprüche der
Antragstellerin ist schließlich auch nicht missbräuchlich im
Sinne des § 8 Absatz 4 UWG. Die Antragsgegner beziehen sich
lediglich auf Tätigkeiten des Geschäftsführers der
Antragstellerin bzw. des Prozessbevollmächtigten in dem Verein
"A.". Dies macht ein Vorgehen nach Lauterkeitsrecht
nicht missbräuchlich und zwar auch dann nicht, wenn der
betroffene Kunde S. sich an diesen Verein gewandt haben sollte,
wie von den Antragsgegnern vorgetragen. Der Verein selbst ist
nicht in der Lage, Wettbewerbsverstöße geltend zu machen. Es
bleibt vor diesem Hintergrund der Antragstellerin unbenommen,
wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche selbst geltend zu
machen, soweit sie selbst betroffen ist, auch wenn sie hiervon
über die Tätigkeit des Vereins erfahren hat. Absatz 6
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 ZPO. Ein
Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit unterbleibt, § 704
Absatz 1, § 542 Absatz 2 Satz 1 ZPO. Absatz 7
Streitwert für das Berufungsverfahren: 22.000,-- € nach der
Festsetzung des Landgerichts.
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